Montag, 29. April 2013

Generation Y mit Kindl

Endlich sind alle Scheinchen beisammen, die Diplomarbeit durch das Vorgutachten durch, die Verwaltungsmühlen am mahlen, um bald ein Zeugnis mit meinem Namen und Dipl.kffr. (Univ.) dahinter auszuspucken. Also Plötzlich Absolvent und Pärent. Jetzt erwartet die Welt so ein bisschen Engagement Richtung Jobsuche, obwohl ich ja einige tolle Jobs habe: Pärent, Beraterin bei Dark Horse, Bloggerin, Köchin, Aufräumerin, Stoffwicklerin, Geliebte, Freundin, Germany's-next-Topmodel-Kommentatorin. Und das mache ich alles freiberuflich, bzw. ehrenamtlich, was natürlich in den Augen von Eigentumswohnungs-Finanziers etwas unanständig wirkt, wenn der Mann noch keine 5.000 EUR netto verdient. Naja und wie ist das eigentlich? Ich wollte doch mal Karriere machen, odersowas?

Ich wollte vollzeit mit Büro hocken oder beim Kunden sein, mit Kollegen freudig Überstunden bis in die Nacht schieben und darauf stolz sein, dass ich 56 Stunden die Woche arbeite. Yeah. Entsprechendes Schmerzensgeld kassieren und damit irgendetwas kaufen. Es gab nicht mal was, was ich kaufen wollte, weil ich zu beschäftigt war mich auszufantasieren, was ich für ne colle Sau auf Arbeit wäre.

Schnitt. Rückblende beendet. Gegenwart: Am Mittwoch war Connecticum. Die Messe mit den vermeintlichen Traumjobs und Toparbeitsgebern Deutschlands. Ich war gespannt. Schmiss mich in Schale und 4-Stunden-Verlässlich-Schmerz-Garantie-Schuhe. Muss auch mal wieder sein.

Drinnen unspektakulär: Ich -coole Sau- hab so Bammel, aber arbeite mich profi-interviewer-mäßig durch die Recruiter. Ich quetsche sie alle aus, große bekannte Konzerne, kleine und unbekannte Unternehmen. Ich habe nichts zu verlieren und das merkt man mir an. Nach 2 Gesprächen bin ich warm und laufe zur Höchstform auf. Ich hab Spaß, die Recruiter weniger. Knallhart stelle ich Fragen zu den Arbeitsbedingungen. Arbeitszeitflex, Homeoffice, Mobilitätsbereitschaft usw.

Mein Ziel ist Recherche für Dark Horse: Wie sind die Unternehmen auf Genaration Y eingestellt? Die neue High-Potential-Generation, die nicht karrierefixiert ist, gerne mal Abstriche beim Gehalt macht und keine "Führungsposition" anstrebt, dafür aber 24h flexible Arbeitszeit brauch, um nach Biorhytmus und Schwimmhallen-Leerzeiten* arbeiten zu können. Sie brauchen Sinn, Spaß und kostenlosen Espresso Machiato bei der Arbeit, können unheimlich effizient sein, aber lassen sich nicht verheizen in einer 56-Std.-Woche. Urlaub ist heilig und Abwechslung ist Pflicht. Und die allseits geforderte Hypermobilität (heute in Berlin, morgen in Bangalore, übermorgen Tokio...) wird als unzumutbare Entwurzelung aus dem sozialen Umfeld verschrien. Du kannst froh sein, wenn sie zum Kunden mal nach Spandau fahren. Ein Sabbatikel in der Mongolei, klasse. Aber bitte nicht dieses umweltzerstörende Berater-Pestiziden-Dasein.

Flache Hierarchien.
Wie ich da so rumlaufe und frage, merke ich selbst, dass ich genau diese Arbeitsbedingungen habe und schätze. Wenn das Kind nach der Kita nur Tobeanfälle präsentiert und man mit einem "Klammeräffchen" am Bein durch die Wohnung humpelt, während man herumgeworfene Legoteile einsammelt oder Erdbeerjoghurtspuren von Türen entfernt ,bis das Kind mitten in einer dramatischen Arie um 23 Uhr verstummt und einschläft, braucht eine Mutter die Freiheit die Waschmaschine und die Emails in der Nacht bearbeiten zu können. Denn am nächsten Tag muss der Termin "Nickerchen am Vormittag" seinen festen Platz im Kalender haben dürfen.

Zurück zu Generation Y: Nix mit Generation Y. Die Unternehmen haben es gar nicht nötig sich auf solche "Extra-Wünsche" einzustellen. Es sind noch genug Schnell-Bachelor-Absolventen verfügbar, die sich gerne verburouten lassen und auf lästige Familienplanung verzichten. Und so heißt es von vielen Unternehmen: "Naja, wir sind ganz ehrlich, wenn sie mit diesen Arbeitsbedingen nicht einverstanden sind, dann werden Sie bei uns sicher nicht glücklich. Ich habe von einer Kollegin gehört, die auch Mutter ist und sie schafft es auch irgendwie von 8-19 Uhr im Außendienst zu arbeiten. Es ist möglich." Mmmhhhmm.

Sicherlich kann man einen Fulltime-Job gewissensbissenfrei und unter moderatem Stress bewältigen, wenn man

a) sich mit dem Partner abwechseln kann (Heute bringe ich sie hin und Du holst sie ab... und morgen umgekehrt) - das fällt schon mal flach, wenn dein Partner Reisetätigkeit hat

b) oder Großeltern leben in der Nähe und sind in Rente - definitiv eine Variante in 15-20 Jahren...

c) oder Kinder sind schon im Schulalter - Ziel für 2019, wenn Familienplanung dann vollständig abgeschlossen eingeschult wird

Alles andere ist in meinen Szenarien durchgefallen als moderne Selbstgeiselung der Mutter. Sollte ich doch eine humane Option übersehen haben, bin ich für Hinweise darüber dankbar.

Was ich nicht gefunden habe: Teilzeitlösungen, Wertschätzung der Elternschaft, Betriebskindergärten. Sowas von gar nicht Top, liebe Toparbeitsgeber Deutschlands. 



------
*besonders am Vormittag kann man prima schwimmen gehen, weil nur 2 Rentner auf einer Bahn ein bisschen Wassergymnastik betreiben und die restlichen Bahnen nicht durch Poolnudeln und Feierabendschwimmer blockiert werden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen